Dienstag spielten Tocotronic in der Großen Freiheit. Die Welt schreibt unterhaltsamen Unsinn darüber. Töffelig, langweilig, wie von Westernhagen. Auf den Punkt: Da heißen Lieder "Aber hier leben? Nein danke" oder "Das Unglück muß zurückgeschlagen werden", da heißt das letzte Album "Pure Vernunft darf niemals siegen". Trotzdem wollen die Jungs ernst genommen werden. Das kann natürlich gar nicht gehen. Am Ende ist die Musik von Tocotronic genau das am meisten, was sie bestimmt am wenigsten sein möchte: Ungeheuer spießig.
Wenig verwundernswert, daß ein Autor von der "DIE WELT" nicht begreift, daß Protest heute nicht mehr so funktioniert wie vor dreißig Jahren. Heute wird Politik mit reiner Vernunft begründet, mit Alternativlosigkeit und Sachzwängen. Was drängt sich mehr auf, als die Ablehnung ebendieser Vernunft, wenn die Ergebnisse so bedauerlich sind?
Das Konzert war übrigens klasse. Vielleicht nicht so viel Party "wie früher", aber das bringt die musikalische Weiterentwicklung der Jungs halt mit sich. Nichtsdestotrotz haben die stellenweise ganz schön auf die Kacke gehauen. Und zum Schluß war in echter Rock'n'Roll-Manier die Bühne in grell angeleuchteten weißen Rauch getaucht, die Verstärker wurden getreten und die Gitarren klangen noch nach, als die Bühne längst leer war. Sehr sehr schön.
Andere gute Nachricht: ich bin an eine großartige Aufnahme eines kleinen Konzerts von Thom Yorke und Jonny Greenwood gekommen. Zwei Akustikgitarren, eine Stimme. Wer diese oder andere Werke testen möchte und verspricht sich zu benehmen, dem biete ich gerne einen Shellaccount an. Login per SSH mit public key, upstream 40-50 kB/s.